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Im Archiv mit Ruth Linhart:

Bei STICHWORT Frauengeschichte finden:
Imai Yasuko und ihre Welt

Zwei Themenbereiche begleiten mich als studierte Japanologin und Feministin bis heute: Die Frauenproblematik und Japan. Die Bücher „Nippons neue Frauen“ und „Onna da kara. Weil ich eine Frau bin – Liebe, Ehe und Sexualität in Japan“ sowie zahlreiche Artikel handeln davon. Seit einigen Jahren arbeite ich am Buchprojekt „Imai Yasuko und ihre Welt. Eine Biographie“. Yasuko Imai (1933 bis 2009) war eine japanische Literaturwissenschaftlerin und Feministin. Die Biographie schildert ihr Leben und den zeit- und frauengeschichtlichen Hintergrund.

Erweckung als Feministin
Yasuko Imai verbrachte 1976 und 1977 ein Jahr in Wien. Das Jahr in Wien bezeichnete sie als das glücklichste ihres Lebens. Vor allem brachte es ihr die „Erweckung“ als Feministin. "Als ich ein Jahr in Wien lebte, merkte ich bestürzt die Tatsache, dass die Stellung der Frauen hier so war wie auf einem anderen Stern, und mir wurde die Frauenproblematik bewusst", schreibt sie in ihrem Buch "Vor dem Tagesanbruch der Frauen - Sammlung meiner feministischen Texte". Sie beschloss, nach ihrer Rückkehr alles in ihrer Macht zu tun, um die Lage der japanischen Frauen zu verbessern.
Yasuko wohnte in Wien bei Ursula Szabo und lernte durch sie die autonome Frauenbewegung kennen. Das erste, was Yasuko sah, als sie aus Japan kommend bei Ursula eintraf, war das Frauenzeichen auf ihrer Wohnungstür. „Und auf der Tür zu dem Zimmer, das sie mir vermietete, war ein Flugblatt der AUF, der feministischen Gruppe, zu der Ursula gehörte. Auf dem Flugblatt war eine Frau abgebildet, der die Haare zu Berg standen. In der einen Hand hielt sie eine Bratpfanne und in der anderen einen Schöpflöffel. Sie war wütend. Als ich das sah, gingen mir die Augen über. Damals hat es zwar in Japan Feministinnen gegeben, aber ein so heftiger Selbstausdruck war unmöglich. Ich war überwältigt.“
Unverzichtbar
Ich bin Mitfrau des STICHWORT-Archivs seit seiner Gründung 1983. Nun suchte ich hier die von Yasuko in ihren Schriften und Interviews erwähnten Objekte und Vorgänge und rief mir die feministischen Ereignisse der Jahre 1976 und 1977 in Erinnerung. Nachdem ich telefonisch meine Wünsche geäußert hatte, erwartete mich im Leseraum des Archivs bereits die entsprechende Literatur: die Bände der AUF-Hefte und der AUF-Mitteilungen, aber auch Informationen über die anderen damals aktiven Frauengruppen und weitere einschlägige Literatur. Ich konnte meine vagen Erinnerungen an die aufregende Zeit der Siebzigerjahre konkretisieren und fand auch das Flugblatt, das Yasuko derartig beeindruckt hat. In den Siebzigerjahren waren die autonomen Frauengruppen in Österreich ein wesentlicher Motor der zahlreichen gesetzlichen Veränderungen, die zum ersten Mal die rechtliche Gleichstellung für Frauen brachten. Als Institution, die diesen Um- und Aufbruch dokumentiert, ist das STICHWORT-Archiv unverzichtbar.

Ruth Linhart

Mehr zu Ruth Linhart unter http://www.ruthlinhart.com/





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