Baig, Samira: Mutterschaft und Feminismus. Eine Studie zu
Konzepten feministischen Mutterseins. Opladen, Berlin, Toronto:
Budrich Academic press 2023, 265 Seiten, € 38.
Gelesen von Stephanie Arzberger
In ihrem Dissertationsprojekt beschäftigt sich Samira Baig
mit feministischen Konzepten zu Mutterschaft und Muttersein.
Ihre sozialwissenschaftliche Analyse ist klassisch aufgebaut:
Das Buch teilt sich in einen theoretiegeleiteten Teil,
in dem die Autorin feministische Theorien in einen Kontext
setzt, und einen empirischen Teil, in dem sie achtzehn narrative
Interviews mit Müttern, die in politisch-feministischen
Zusammenhängen aktiv sind, analysiert.
Die Begriffe Mutter, Mutterschaft und Muttersein sind
bekanntlich politisch wie gesellschaftlich extrem aufgeladen
und gleichzeitig im Alltagsverständnis selbstverständlich,
aber nicht klar definiert. Vor diesem Hintergrund treiben
die Autorin Fragen um wie: Welche Konzepte von Mutterschaft
haben Feminist*innen, oder was erzählen politisch
aktive feministische Mütter über Mutterschaft, oder auch
die ganz grundlegende, ob sich Muttersein und Feminismus
nicht ohnehin gegenseitig ausschließen. Es gelingt der Autorin,
das ideologisch aufgeladene Spannungsfeld, in dem
sich politisch aktive feministische Mütter in ihrem Alltag bewegen
und teilweise drohen zu zerbrechen, aufzuzeigen
und zu analysieren.
Baig beschreibt ihre Vorgehensweise sehr transparent.
was zum Beispiel auch die zum Teil weniger heterogene Zusammensetzung
ihres Samples angeht. So räumt sie ein,
dass die interviewten Personen etwa tendenziell einen formal
höheren Bildungsabschluss haben und sich auch in anderen
Aspekten ähneln. Die Ergebnisse der Analyse müssen
wohl vor diesem Hintergrund betrachtet werden: Wie
so oft gehen der theoretische Anspruch (gesellschaftlich
wie auch an sich selbst) und die gelebte Praxis im Alltag in
den verschiedenen Lebensrealitäten der interviewten Mütter
auseinander. Aus den Gesprächen geht hervor, dass im
Alltag insbesonders folgende Themen zentral sind: Berufstätigkeit/
Erwerbsarbeit, Partner*innenschaft und Selbstbestimmung.
In ihrer Analyse identifiziert die Autorin drei praktische
Konzepte feministischen Mutterseins – das kindzentrierte,
das umstandsorientierte und das integrierte – und
wie sich diese zu traditionellen Ansichten von Mutterschaft
verhalten.
Es braucht – so ein Fazit der Autorin – jedoch ein feministisches
Gesamtkonzept, um traditionelle Vorstellungen von
Mutterschaft neu zu verhandeln. Auch wenn dieses Konzept
vielleicht noch nicht existiert, so zeigt die Auseinandersetzung,
dass es emanzipatorische Strategien auf individueller
Ebene bereits gibt. Und das macht Mut.
Stephanie Arzberger arbeitet seit 2011 beim STICHWORT mit.
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