Nina Schedlmayer: Art Biography. Margot Pilz. Leben. Kunst. Graz,
Wien: Leykam, 2021, 223 Seiten, € 24,90.
Gelesen von Helga Widtmann
In ihrer sehr fundierten Biographie über Margot Pilz (* 1936)
stellt Nina Schedlmayer den Werdegang dieser vielfältigen
Künstlerin dar und bietet für das feministisch und künstlerisch
interessierte Publikum spannende Informationen.
Nicht zuletzt zeigt sie, wie sich biographische Ereignisse
und feministische Aktivitäten in ihrer Kunstproduktion niederschlagen.
Nach einer zuerst sehr privilegierten Kindheit im kolonialen
Indonesien bis 1942 und den sehr traumatischen folgenden
Jahren, in denen Margot Pilz und ihre Mutter Ottilie ter
Heege als Niederländerinnen in dem indonesischen Internierungslager
Lampersari auf Java inhaftiert waren, kehrt die Familie
1948 in die Niederlande zurück.
Nach der Schule geht Pilz nach Wien und besucht die
Wiener Graphische Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt, um
Fotografin zu werden. In der Rückschau stehen neben der
positiven Anregung durch einen Professor, Ernst Hartmann,
die sexistische Atmosphäre und die handgreiflichen sexuellen
Belästigungen, die das Studium begleiteten und massiv
behinderten. Margot Pilz erinnert sich aber auch an das trotz
Sexismus und Antisemitismus anregende künstlerische Leben
im Wien der 1950er-Jahre zwischen Adebar, club exil
und tollen Partys in so mancher Wohnung. In den 1960er-
Jahren lebt sie nach der Heirat mit Fritz Pilz als Hausfrau, betreut
das gemeinsame Kind und nimmt „nebenbei“ Aufträge
an. Später gründet sie mit Hans Weiss ein Fotostudio, das ihr
finanzielle Selbständigkeit ermöglicht.
Bald werden erste Fotoserien in Ausstellungen aufgenommen,
auch schon mit feministischen Ansätzen wie z. B.
Der Hausmeister und sein Schatten. Künstlerinnen in ihrem
Umfeld wie zum Beispiel Florentina Pakosta oder Renate
Bertlmann bestätigen die sexistische Kunstwelt auch noch
für die 1970er-Jahre. Als sich aus Protest gegen die offizielle
Ausstellung zum Jahr der Frau eine feministische Künstlerinnengruppe
bildet, die spätere IntAkt (Internationale Aktionsgemeinschaft
bildender Künstlerinnen) mit den Gründerinnen
Christa Hauer, Renate Bertlmann, Linda Christanell u. a.,
ist bald auch Margot Pilz dabei. Erlebte Polizeigewalt bei einem
großen Frauenfest im Haus der Begegnung in Wien
1978 wird zur Initialzündung für eine neue Fotoserie: Selbstauslöser
– Selbstauslösung; ihr Beitrag zum steirischen
herbst 1979, Hausfrauendenkmal, erlebt eine Neuauflage
2020 im Wiener Resselpark. Aktionen in Wien (Kaorle am
Karlsplatz), Fotoserien wie 4th Dimension, Weiße Zelle oder
digitale Werke wie Delphi digital zeigen ihre kontinuierliche
Kreativität, die auch mit dem Älterwerden nicht endet und
zum Beispiel in der Fotoserie Anti-Aging thematisiert wird.
Eine für Oktober 2021 bis April 2022 geplante Einzelausstellung in der Kunsthalle Krems mit dem Titel Margot Pilz. Selbstauslöserin ist also hoffentlich nur ein weiterer Meilenstein
ihrer künstlerischen Entwicklung.
Helga Widtmann ist Buchhändlerin, Bibliothekarin und Mitarbeiterin von STICHWORT.
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