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Zur Reglementierung von Frauen

Birgit Sauer, Asiye Sel, Ingrid Moritz (Hg.): Körperbilder, Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften. Zur Repräsentation von Frauen in Werbung, Medien und Sport. Wien: ÖGB Verlag, 2020, 240 Seiten, € 29,90.

Gelesen von Stephanie Arzberger

Ein Sideletter zwischen den Grünen und der ÖVP, in dem das Kopftuchverbot für Lehrerinnen verhandelt wird, ist nur das jüngste Beispiel eines aktuellen Trends: der politischen Instrumentalisierung des Kopftuches. Auch wenn das Thema nicht neu ist, zeigen die aktuellen Vorfälle in der österreichischen Innenpolitik die Notwendigkeit einer weiteren eingehenden Analyse. Das ist eines der Themen, denen sich die Herausgeberinnen und Autor*innen in dem 2020 erschienenen Buch aus verschiedenen Perspektiven zu Körper­repräsentationen und Regulierungen widmen. Dabei beschränken sie sich allerdings nicht auf das Kopftuch, sondernwidmen sich in den insgesamt 13 Beiträgen beispielsweise auch Themen wie Stillen in der Öffentlichkeit, Lookismus oder Bekleidungsvorschriften am Arbeitsplatz und beschäftigen sich mit Beispielen aus dem deutschsprachigen Raum, Brasilien oder Frankreich.
Das Ziel der Herausgeberinnen ist es, mit Perspektiven aus den Bereichen Sport, Recht, Medien oder etwa Werbung die verschiedenen Ebenen bewusst zu machen, in denen nach wie vor in das Leben von Frauen durch Körperbilder, Körpersymbole und Bekleidungsvorschriften eingegriffen wird. Dabei wird auch herausgearbeitet, welche Rolle ungleiche Ressourcen­verteilung, Kapitalismus oder das Patriachat an und für sich spielen. Es bleibt dabei aber nicht nur bei einer reinen Analyse, sondern ein weiteres Ziel ist es, Veränderungsprozesse anzustoßen.
Das aus einer Veranstaltung hervorgegangene Buch bietet keine allumfassende Analyse, das ist auch gar nicht der Anspruch, aber eine Vielfalt an Perspektiven auf Themen, die uns, ob wir wollen oder nicht, immer wieder beschäftigen. Besonders gelungen: Illustriert ist das Buch mit Zeichnungen von Modeschülerinnen der Modeschule Hetzendorf in Wien aus den 1960er und 1970er Jahren, die sich auf ihre Art mit Körperverhüllung beschäftigten und einen buchstäblich bildlichen Kontrast zu den medial geführten Debatten bieten.

Stephanie Arzberger arbeitet seit 2011 beim STICHWORT mit.


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