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Bittere Medizin, aber bitter notwendig

Rafia Zakaria: Against white feminism. Wie weißer Feminismus Gleichberechtigung verhindert. Aus dem Englischen von Simoné Goldschmidt-Lechner. München: hanserblau, 2022, 256 Seiten, € 18,50.

Gelesen von Elena Fürst

Rafia Zakaria bereitet uns keinen leichten Einstieg in ihre Polemik Against White Feminism, indem sie von vornherein – nämlich bereits mit dem Titel – deutlich macht, dass es hierbei um feministische Selbstkritik geht. Der Text demonstriert, dass die Schärfe und Deutlichkeit des Titels nicht zu weit gegriffen ist, sondern sichtbar macht, wofür der Begriff des intersektionalen Feminismus zu abstrakt erscheint. Das Buch bringt die Rassismuskritik des intersektionalen Feminismus in den populären Diskurs, ohne auf die notwendige theoretische Grundlage, eine weitreichende historische Auseinandersetzung und aktuelle Studien zu verzichten. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen als Migrantin und feministische Aktivistin in den USA setzt sich Zakaria mit den problematischen Strukturen des weißen Feminismus auseinander – weiß wird als politischer Begriff und Beschreibungskategorie verwendet, um Verhaltensweisen und diskursiv erzeugte Überzeugungen des westlichen Feminismus zu dekonstruieren. Obwohl es sich bei Against White Feminism um eine Streitschrift handelt, argumentiert Zakaria differenziert und arbeitet mithilfe detaillierter und gut dokumentierter Beispiele, wobei sie insbesondere die Anatomie des institutionalisierten weißen Feminismus in den USA untersucht. Entgegen einem möglichen ersten Eindruck stellt das Buch nicht einfach Dichotomien auf, um sie gegeneinander antreten zu lassen, sondern verdeutlicht vielmehr die Komplexität, mit der feministische Kritik – und darüber hinaus feministischer Aktivismus – voranschreiten muss, um nicht in veralteten Mustern steckenzubleiben. Against White Feminism schildert sowohl ein „Dagegen“ als auch ein „Für“ und macht den Schritt von der Dekonstruktion zur Rekonstruktion: Erst durch die Sichtbarmachung weißer Privilegien und im gemeinsamen Protest gegen rassistische Strukturen kann feministische Solidarität gelebt werden.

Elena Fürst ist Literaturwissenschafterin und arbeitet als Bibliothekarin.


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