Katharina Lux: Kritik und Konflikt. Die Zeitschrift Die schwarze
Botin in der autonomen Frauenbewegung. Wien, Berlin: mandelbaum
2022, 474 Seiten, € 28.
Gelesen von Brigitte Geiger
Katharina Lux behandelt in ihrer Studie feministische Theorien
und Wissensproduktion der 1970er und 1980er Jahre;
forschungsleitend ist die Frage, was feministische Theorie
und Kritik sei und wie sie zu verfahren habe. Dabei will sie
auch gegen reduzierende und vereinheitlichende Narrative
der Entwicklung intervenieren und verweist auf Vielfalt, Widersprüchlichkeiten,
Dissenz und Konflikte als Motoren der
feministischen Theoriegeschichte.
Als Untersuchungsmaterial dient ihr das Kritikprogramm
der deutschen Zeitschrift Die schwarze Botin (1976–1980,
1983–1986/87). Gerade das Medium Zeitschrift, insbesondere
theorieorientierte Zeitschriften, spielt für die frühe, außerhalb
akademischer Strukturen erfolgende feministische
Wissensproduktion eine wichtige Rolle, indem unterschiedliche
Positionen und Konflikte Platz finden. Einleitend erfolgt
daher eine historische Verortung der Zeitschrift in den Anfängen
der autonomen Frauenbewegung in Westdeutschland
und in der außerparlamentarischen Linken sowie im Verhältnis
zu den etwa zeitgleich entstehenden Zeitschriften Courage
und Emma.
Elemente und Motive feministischer Theoriedebatten und
Wissensproduktionen der Zeit analysiert Lux jeweils anhand
einiger weniger ausgewählter Texte der Zeitschrift zu den folgenden
zentralen Themenfeldern: In den ersten Abschnitten
stehen Auseinandersetzungen mit Terrorismus und Staatsgewalt,
Faschismus und Nationalsozialismus in einer postnazistischen
Gesellschaft sowie die Rolle von Erfahrung in feministischer
Wissensproduktion und ein kritischer Blick auf
die Selbsterfahrungspraxis der Bewegung im Zentrum. Als
Vertreterin des kulturellen Feminismus bilden weibliches
Schreiben und feministische Ästhetik einen weiteren
Schwerpunkt. Der umfangreichste Abschnitt „Subjektkritik
und sexuelle Differenz“ widmet sich psychoanalytischen Zugängen,
insbesondere den französischen Differenztheoretikerinnen
Kristeva und Irigaray. Im letzten Abschnitt zur „Geschichte
weiblicher Produktivität“ verweist Lux kontextualisierend
auf sozialhistorische und soziologische Konzepte,
die Auseinandersetzung in der Schwarzen Botin fokussiert
aber auf die kulturelle Ebene der Unsichtbarmachung weiblicher
Produktivität in der symbolischen Ordnung und androzentrischen
Geschichtsschreibung.
Die Studie macht den Gewinn einer neuerlichen Beschäftigung
mit den Anfängen feministischer Theorieproduktion
deutlich (und damit auch die Notwendigkeit von Archiven
dieser Geschichte). Das Buch „Kritik und Konflikt“ ist durch
die vielen verschiedenen Themenfelder und Theorien eine
durchaus anspruchsvolle Lektüre. Die sorgfältige Arbeitsweise mit vielen biografischen und bibliografischen Anmerkungen zu den zitierten Autorinnen und Texten, deren Kontextualisierung
in der zeitgenössischen Debatte und Rezeption,
ausführliche Beschreibungen und klare Argumentationen
sowie die Offenlegung ihres eigenen Zugangs machen
die Studie auch ohne genaue Kenntnis der zugrundeliegenden
Theorien, etwa der Psychoanalyse Lacans, nachvollziehbar.
Durch wiederkehrende Bezüge zu aktuellen Theoriedebatten
der Gender Studies kann die Lektüre gerade auch für
jüngere Forscherinnen gewinnbringend sein.
Brigitte Geiger ist Medien- und Kommunikationswissenschafterin, Universitätslektorin und im Vorstand von STICHWORT.
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