Katja Teichmann (Hg.): Aktivist*innen im Archiv. Von den Anfängen
der Frauenforschung bis zu queeren Interventionen. Leipzig: Orlanda
(Reihe Frauen Bewegt), 2025, 117 Seiten, € 20,60.
Gelesen von Christina Buder
Heuer im Juni wurde die Queer*feministische Bibliothek und
Archiv LIESELLE von Rechten angegriffen und dabei Archivbestände
zerstört. Derartige Angriffe häufen sich weltweit.
Spätestens jetzt ist es Zeit nachzusehen, was in diesen für
das Patriarchat offensichtlich so gefährlichen Einrichtungen
zu finden ist. Dafür eignet sich ideal und nicht zufällig die vorliegende
Festschrift für obiges Archiv, das 1978 als autonomes
Frauen- und Lesbenprojekt an der Ruhr-Universität Bochum
gegründet wurde und das mittlerweile auch Forschungsperspektiven
der Gender, Trans* und Empowerment
Studies in ihren Bestand einarbeitet.
45 Autor*innen – Zeitzeug*innen, Wissenschafter*innen
und Künstler*innen – stellen ikonische Bücher, Broschüren
und sonstige Medien aus dem Bestand von LIESELLE vor.
Diese heutigen Kommentare zu zentralen zeitgenössischen
Texten aus 150 Jahren Frauenbewegungsgeschichte sind inspirierend,
bereichernd und eröffnen oftmals eine kontroverse
zweite Perspektive auf vergangene Debatten. Der
Band liest sich wie eine unterhaltsame Kurzfassung feministischer
Ideengeschichte – v. a. der Zweiten Frauenbewegung.
Die ausgewählten Schlagworte umfassen Hexen,
Recht, Körper, Krimi, Doppelaxt, Migration u. v. m. Eine starke
Stimme haben Autor*innen, die Leerstellen sowie die fehlenden
Repräsentationen in den Archiven ansprechen und
deren politische Verantwortung bei der Dokumentation der
Bewegungsgeschichte(n) einfordern. Das Archiv selbst, der
konkrete Ort mit haptischem Erleben und einer Brise Papiergeruch,
wird von Julia Lübbecke mit wunderbaren Fotos in
Szene gesetzt. QR-Codes eröffnen weiterführende Quellen
und Hintergrundinformationen.
Wenn kein feministisches Archiv in deiner Nähe ist: Dieses
Buch ist die kleine Version für dein Zuhause.
Und eins ist klar: es sind die Lesenden, die antipatriarchale
Ideen weitertragen und vor denen sich die Rechten so
fürchten!
Christina Buder war langjährig im feministischen Bibliothekswesen tätig, u. a. in der Frauen*solidarität und im Verein frida.
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