Doris Hermanns: Sand im patriarchalen Getriebe. Zur Geschichte
der Frauen-Buch-Bewegung. Berlin: AvivA Verlag 2025, 271 Seiten,
€ 22,70.
Gelesen von Helga Widtmann
Frauenbuchhandlungen, Frauenverlage, Frauenbuchmessen
. . . All das war für Feministinnen der 70er und 80er Jahre fast
selbstverständlicher Teil eines Lebens in und mit der Frauenbewegung.
Ein im deutschsprachigen Raum noch wenig erforschter
Teil der Bewegungsgeschichte, der nun mit dem
Begriff „Frauen-Buch-Bewegung“ (gebräuchlicher im englischen
Sprachraum als „women’s book movement“) einen eigenen
Namen erhalten hat.
Doris Hermanns, Autorin, Antiquarin und Feministin hat
ein erstes umfangreiches Überblickswerk zur Geschichte der
Frauen-Buch-Bewegung im deutschsprachigen Raum (aber
auch mit vielen Informationen zur internationalen Entwicklung
der Bewegung) verfasst, das die Fülle der Projekte, Orte
und Konzepte der einzelnen Frauenbuchhandlungen, Frauenverlage
und Lesbenverlage erfasst und eine Auswahl der Namen
der beteiligten Frauen nennt. Im Anhang bietet eine Projektliste
der Frauenbuchläden und Frauenverlage für den
deutschsprachigen und internationalen Raum einen sehr guten
Überblick über all das, was einmal war, aber auch über
Neugründungen und neue Konzepte für Frauenbuchhandlungen,
z. B. über die neue FrauenLesbenBuchhandlung Berlin,
die 2024 eröffnet wurde.
Ein weiterer Abschnitt widmet sich der Geschichte der
„International Feminist Book Fair“, also der Internationalen
Feministischen Buchmesse, die sich von der ersten Messe
1984 in London bis zur sechsten und letzten 1994 in Melbourne
erstreckt. Bei diesem Thema kommen Doris Hermanns’
durch die Jahre der Arbeit in und mit der Bewegung
gewachsenen feministischen Kontakte zum Tragen: Durch
die Stellungnahmen und Erinnerungen einzelner Teilnehmerinnen
dieser Messen entsteht ein sehr differenziertes Bild
unterschiedlicher feministischer Positionen, Traditionen und
Umgangsweisen mit politischen Differenzen.
Insgesamt bietet dieses Buch eine Fülle an Informationen,
Daten und Fakten, die sonst gar nicht so leicht recherchierbar
wären, und regt weitere Forschungen an, zum Beispiel
eine genauere Analyse der Entwicklung der Frauenbuchhandlungen
vom Enthusiasmus der Gründungsjahre bis
zur ökonomischen oder politischen Ernüchterung bzw. bis zu
Neugründungen mit anderen feministischen Konzepten heute.
Viele Themen für viele Student*innen und Forscher*innen
– und viele Erinnerungen für die, die damals, so wie die Rezensentin,
dabei waren, und auch für die, die neue Wege und
neue Konzepte von Frauen*buchhandlungen und Frauen*
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Helga Widtmann ist Buchhändlerin, Bibliothekarin und Mitarbeiterin von STICHWORT.
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